Marie Bochmann erhielt 2022 in Dresden ihren Meisterbrief. Anschließend wollte sie als Bäckermeisterin in Deutschland ein Jahr lang arbeiten und neue Erfahrungen sammeln – besonders die regional unterschiedlichen Backtraditionen interessierten sie. Auf der Spurensuche ihres Handwerks fiel ihre Wahl auf Rheinland-Pfalz. Vom ersten Arbeitgeber trennte sie sich und kam dann zu Brotgeschichten. Marie Bochmann und die damalige Betriebsinhaberin haben sich von Beginn an gut verstanden. Aber nach nur einem halben Jahr in der Backstube, kurz vor einem geplanten Urlaub, musste sich Marie Bochmann unerwartet entscheiden. „Frau Rappaport kam zu mir und sagte, dass sie die Bäckerei nicht mehr weiterführen würde. Sie eröffnete mir zwei Möglichkeiten: Ich würde zum Jahresende entlassen oder ich könnte den Betrieb übernehmen.“ Ihren Urlaub verbrachte sie mit Abwägungen für oder gegen eine Betriebsübernahme.

Bäckermeisterin Marie Bochmann hat „Brotgeschichten“ von der promovierten Biologin Verena Rappaport übernommen. Wie aus einem Praxisjahr eine Nachfolge wurde, ist eine Geschichte voller unternehmerischer Entscheidungen.

Selbständig sein wollte Bäckermeisterin Bochmann eigentlich schon immer, hatte den Wunsch aber bislang nicht weiterverfolgt – hauptsächlich wegen der finanziellen Belastungen. Doch die Sauerteigbäckerei Freinsheim entsprach genau ihren Vorstellungen. „Ich wollte von jeher eine kleine Bio-Bäckerei betreiben und kam zu dem Entschluss: `Wenn nicht jetzt, wann dann?´“ Andererseits empfand sie starke Sehnsucht nach ihrer Familie und ihren Freunden in Sachsen. Aber eine Bio-Bäckerei im Erzgebirge wirtschaftlich betreiben zu können, erschien ihr letztlich weniger realistisch als einen kleinen, etablierten Betrieb mit einer Stammkundschaft im Landkreis Bad Dürkheim zu übernehmen. Da in der Bäckerei bereits ausschließlich Bio-Zutaten verwendet wurden, nahm Marie Bochmann die Bio-Zertifizierung nach der Betriebsübernahme direkt selbst in die Hand. „Ich liebe den Bäckereiberuf, aber mir hat es nicht gefallen, dass so viele Backmischungen verwendet werden. Ich möchte Produkte herstellen, von denen ich mit Stolz sagen kann: Das sind meine Backwaren“, erläutert die Nachfolgerin ihre Motivation. Selbständigkeit verbindet Marie Bochmann in erster Linie mit Entscheidungsfreiheit: „Wenn ich ein Produkt qualitätstechnisch nicht gut finde, dann bin ich diejenige, die es ändern kann – und genau das tue ich dann auch.“

Die Nachfolge mit dem Finanzierungsmodell des Mietkaufs gestalten

Die Nachfolge sollte zügig erfolgen. Dank des freundschaftlichen Verhältnisses der beiden Frauen war der Übergang unkompliziert. Nach sechs Monaten Vorbereitung war Marie Bochmann im Mai 2024 schließlich als Inhaberin der Brotgeschichten Sauerteigbäckerei Freinsheim eingetragen. Bis dahin eignete sie sich mit viel Energie, Geschick und Unterstützung durch die Handwerkskammer umfassendes Wissen zur Betriebsübernahme an. „Die Handwerkskammer hat mich absolut klasse unterstützt“, sagt sie, „anfangs habe ich wöchentlich Beratungen wahrgenommen: Business Plan mit Kalkulationen, Social Media oder Website-Gestaltung. Ich habe viel wertvolle Unterstützung bekommen.“

Mit der Altinhaberin einigte sie sich auf einen Mietkauf. Der Vorteil eines Mietkaufs gegenüber einer vorübergehenden Pacht besteht darin, dass die Mietsumme für Räumlichkeiten, Gerätschaften, Backöfen und Kühlhaus, mit dem Kaufpreis verrechnet wird und der Kaufpreis entsprechend niedriger ausfällt. „Nach der vereinbarten Mietdauer ist die Entscheidung zu treffen, ob man den Betrieb weiterführen möchte“, erläutert Marie Bochmann, „in dem halben Jahr habe ich täglich prüfen können: übernehme ich oder übernehme ich nicht?“ Auch eine Existenzgründungsförderung von der Agentur für Arbeit für das erste halbe Jahr hat geholfen, dass Marie Bochmann nicht sofort ihr Gehalt und die Sozialversicherungsbeiträge aus dem laufenden Betrieb heraus finanzieren musste.

Bereits sechs Monate nach der Übernahme entschied sich Bäckermeisterin Bochmann, ihren Lebensgefährten, ebenfalls Bäcker aus Sachsen, in Vollzeit bei sich anzustellen. Die gegenseitige Unterstützung brachte nicht nur Entlastung, sondern auch Stabilität in den Bäckereialltag. An zwei Tagen pro Woche wird Brot verkauft, während an den anderen Tagen die Teigvorbereitung und -verarbeitung erfolgt. Das Backen auf Sauerteigbasis ist ein sehr langer Prozess, der nicht allgemein bekannt ist. „Aber die Kundinnen und Kunden schmecken die langsame Teigführung und unsere Sorgfalt im Umgang mit dem Brot“, ist sich Marie Bochmann sicher.

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Stammkundschaft halten und neue Kundengruppen gewinnen

Die Sauerteigbäckerei hat an den zwei Verkaufstagen eine Stammkundschaft, die sich durch die Nachfolgeregelung kaum verändert hat. Ein weiteres Standbein ist die Auslieferung von Broten. Dabei ist Brotgeschichten, wie viele andere Betriebe in der touristisch attraktiven Region, vom Saisongeschäft betroffen. Im Sommer können Hotels mit Backwaren beliefert werden, die im Winter geschlossen sind. Marie Bochmann plant, Brotgeschichten als kleinen Betrieb zu stabilisieren, den Umsatz zu steigern und unterschiedliche Kundengruppen anzusprechen. Zu ihren Ideen gehören ein Online-Versand von einigen hierfür geeigneten Brotsorten. Mit Social-Media-Arbeit will sie den Vertrieb unterstützen. „Ich möchte mich und die Backstube bekannt machen und unsere Reichweite erhöhen“, erläutert die Nachfolgerin ihre digitalen Vertriebspläne. Gleichzeitig bleibt das vor Ort-Sein ein wichtiges Standbein: „Wir präsentieren unsere Backwaren auf Märkten und bei Verkostungen der Weingüter im Umkreis.“ Als neue Möglichkeit könnte auch ein Verkaufswagen hinzukommen. Marie Bochmann hat ihre Zukunft mit Brotgeschichten fest im Blick: „Wir haben schon ein paar neue Kundinnen und Kunden hinzugewonnen, aber wir müssen auf jeden Fall noch ein bisschen Gas geben.“

Beschreibung des Unternehmens

In der Sauerteigbäckerei Freinsheim entstehen Backwaren, die mit wenigen und vor allem natürlichen Zutaten auskommen. Als Basis dienen selbst gezogene Natursauerteige. Sie benötigen keine Zusätze, weil sie traditionell-handwerklich und verbunden mit einer langen Ruhezeit hergestellt werden. Die Brote werden im Holzofen oder auf Steinplatten gebacken. Durch die direkte Strahlungshitze entwickeln die Backwaren ihre spezifischen Röstaromen.

Referenz

Wir danken dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau in Rheinland-Pfalz, für die Möglichkeit der Zweitverwertung der Inhalte aus der Broschüre "Unternehmensnachfolge Rheinland-Pfalz - Erfahrung abgeben. Zukunft annehmen. Prozess gestalten." auf unserer Webseite. 

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Juliane Kummer Gründung / Referentin

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Juliane Kummer