Die Rundum Meisterservice Bildungsträger GmbH war nicht immer eine Bildungseinrichtung. Als Francine Destickere im Spätsommer 2014 dort ihre Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement begann, handelte es sich noch um einen klassischen Handwerksbetrieb, der Dienstleistungen rund um das Haus anbot. Mitgegründet wurde das Unternehmen von Peter Mumbauer. Er kritisierte bereits damals als Unternehmer in der Handwerksbranche die mangelnde Nachbetreuung von Praktikanten, die über Organisationen vermittelt wurden. Mit entsprechenden Nachfragen stieß er auf wenig Engagement zu Veränderungen, deshalb entschloss er sich, einen Bildungsträger zu gründen. Mumbauer stellte in einer, wie sich Francine Destickere erinnert, „Nacht-und-Nebel-Aktion“, Sozialpädagogen ein und baute ein Jugendprojekt auf. Destickere konnte bereits während ihrer Lehre in die Tätigkeiten des Bildungsträgers hineinschnuppern und bei der Organisation helfen.
Ihre Ausbildung startete Francine Destickere im Handwerksbetrieb. Dass sie die Firma eines Tages übernehmen würde, konnte sie damals noch nicht ahnen.
Von der Auszubildenden zur Unternehmerin
Zum Ende der Ausbildung von Francine Destickere entschied sich Peter Mumbauer aus persönlichen Gründen, den Handwerksbetrieb zu verkaufen – die Bildungsarbeit jedoch wollte er gerne weiterführen. Destickere begleitete den Betriebsverkauf, die Umstrukturierung des Bildungsträgers sowie den Umzug in andere Räumlichkeiten und stieg im neu aufgestellten Unternehmen zunächst als Angestellte ein.
Was einst als einzelnes Bildungsprojekt begann, ist heute auf 7 Projekte mit einem gemeinsamen, übergeordneten Ziel angewachsen: Jugendliche und junge Erwachsene mit nicht optimalen Voraussetzungen sollen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt bekommen und individuell und bedarfsgerecht unterstützt werden. Es wurde ein 14-köpfiger Personalstamm aufgebaut und das Unternehmen wuchs stetig. Im Laufe der Zeit übertrug Peter Mumbauer Francine Destickere immer mehr Verantwortung, 2020 erhielt sie die Prokura. Im folgenden Jahr stellte sich Mumbauer die Frage, wie es mit dem Betrieb weitergehen sollte, wenn er einmal in den Ruhestand gehen würde. In seiner Familie gab es keine Möglichkeit einer Nachfolge. Er sprach mit Francine Destickere darüber, und sie erklärte sich sofort dazu bereit, das Unternehmen zu übernehmen – allerdings geknüpft an einen Wunsch. Sie wollte den Betrieb eine Weile mit Mumbauer gemeinsam leiten, verfügte er doch über viele Jahre unternehmerischer Erfahrungen, die sie noch nicht mitbrachte und von denen sie gerne lernen wollte. „Dass man jemanden an der Seite hat – einen Mentor oder eine andere unterstützende Person – das ist in meinen Augen das Allerwichtigste in einer Nachfolge mit Verantwortung für die eigenen Angestellten und für viele junge Menschen in Bildungsmaßnahmen“, betont sie auch heute noch rückblickend.
Bürgschaftslösung ebnet den Weg und beseitigt finanzielle Hürden
In Gesprächen und Beratungen mit dem Steuerberater des Unternehmens, einem Notar, der Kreissparkasse und der örtlichen Industrie- und Handelskammer (IHK) klärten Destickere und Mumbauer die rechtlichen und finanziellen Aspekte der Übernahme. Leider stellte sich heraus, dass aufgrund fehlender übereinstimmender Voraussetzungen bestimmte Fördermöglichkeiten nicht in Frage kamen. „Das war ein Rückschlag. Ich dachte wirklich, jetzt klappt es doch nicht“, erinnert sich die Nachfolgerin. Doch die Hausbank wusste Rat und so wurde der Verkauf über eine Bürgschaftsbank geregelt, wobei die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als Bürge fungierte.
Zum 1. Januar 2022 erwarb Francine Destickere 50 % der Unternehmensanteile und wurde neben Peter Mumbauer zur Geschäftsführerin. Das Unternehmen wird bis zum Renteneintrittsalter von Herrn Mumbauer von beiden weiterhin gemeinsam geleitet. Im Anschluss wird Destickere dann frei entscheiden, ob sie die übrigen Unternehmensanteile kaufen oder eine weitere Person diese Anteile erwerben soll. Peter Mumbauer war es sehr wichtig, dass seine Nachfolgerin zu jedem Zeitpunkt und in jeder Lage ein gutes Gefühl mit ihrer Entscheidung für das Unternehmen hatte, sodass viele Sicherheiten und Regelungen mit Destickere auch notariell festgehalten wurden.
Tipp von Francine Destickere
Transparente und offene Kommunikation mit dem Übergeber und immer auch über die Sorgen sprechen.
Erfolgreiche Nachfolge durch Vertrauen und offene Kommunikation
Für Francine Destickere spielte es – und spielt immer noch – eine sehr große Rolle, dass zwischen ihr und Mumbauer „die Chemie einfach stimmt“. Zwischen beiden herrscht ein ausgeprägtes Vertrauensverhältnis, sodass auch Zukunftsentscheidungen von Francine Destickere im Hinblick auf ihre Nachfolgeentscheidung Berücksichtigung finden konnten. Zum Zeitpunkt der Übernahme war sie nämlich noch keine dreißig Jahre alt. Um die Unternehmensübernahme und ihre privaten Zukunftspläne ohne Bedenken in Einklang zu bringen, sicherte ihr Mumbauer zu, auch in den nächsten Jahren noch an ihrer Seite zu stehen.
Dass ihre Nachfolge glücken konnte, schreibt Destickere auch der stets guten Kommunikation zu. Bei Fragen wusste sie, dass sie sich immer an Mumbauer wenden und auf Augenhöhe alles ansprechen kann, was sie beschäftigt. „Das offene miteinander Reden ist für mich ein ganz wichtiger Punkt. So hat man ein gutes Gefühl, alle Karten sind offengelegt und keine unvorhergesehenen Überraschungen treten hervor“, fasst sie es zusammen. Dabei betont sie ebenso die Bedeutsamkeit, sich über unangenehmere Aspekte auszutauschen: „Man muss auch über Risiken oder Probleme sprechen – die gibt es immer. Gerade das Finanzielle ist besonders wichtig.“
Beschreibung des Unternehmens
Die Rundum Meisterservice Bildungsträger GmbH aus dem Rhein-Hunsrück-Kreis, besser bekannt als die „JOBSchleuse“, ist ein mittelständischer Bildungsträger. In enger Zusammenarbeit mit den Einrichtungen der staatlichen Arbeitsvermittlung sowie dem Europäischen Sozialfonds und dem Ministerium für Arbeit, Soziales Transformation und Digitalisierung, unterstützt der Betrieb Jugendliche und Erwachsene bei der beruflichen Integration. Als zweites Standbein bietet das Unternehmen Ambulante Hilfen (Kinder- und Jugendhilfe) in Kooperation mit der Kreisverwaltung Rhein-Hunsrück an.
Referenz
Wir danken dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau in Rheinland-Pfalz, für die Möglichkeit der Zweitverwertung der Inhalte aus der Broschüre "Unternehmensnachfolge Rheinland-Pfalz - Erfahrung abgeben. Zukunft annehmen. Prozess gestalten." auf unserer Webseite.
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